Jordanien – Orient für Einsteiger

Moscheen, Minztee und Mosaike, Wüsten, Wasserpfeifen und Wadis. Das alles gehört ebenso zum Traum von einem Urlaub im Orient wie die Unsicherheit, ob man sich als moderne Westlerin in einem arabischen Land wirklich wohl fühlt. Autorin Susanne Wess hat in Jordanien ihre erste Orient-Erfahrung gemacht. Ihr Fazit: Das Land ist ein ideales Einsteiger-Ziel. Einzige Gefahr: Es macht süchtig und zieht wahrscheinlich noch viele Orientreisen nach sich.

30 Kilometer außerhalb der jordanischen Hauptstadt Amman, am Queen Alia Airport, beginnt mein erstes Orient-Abenteuer. Und irgendwie wappne ich mich schon innerlich gegen das erwartete Gewusel und Chaos, gegen die vermeintliche Aufdringlichkeit der Händler und die unerwünschten Avancen der arabischen Herrenwelt und bin – gelinde gesagt – erstaunt, dass ich in den nächsten Tagen nichts von alledem erleben werde. Jordanien – das ist Orient light auf einer Fläche so groß wie Österreich – Kultur, Natur, Kunst und Kulinarik ganz nah beisammen – genau das Richtige für Einsteiger wie mich.

Fast ruhig und gesittet gleitet der Verkehr durch die Metropole mit ihren 2,5 Millionen Einwohnern. Verkehrsschilder in englischer und arabischer Sprache weisen den Weg durch die mit hellem oder rötlichem Kalkstein verkleideten Häuserzeilen. Warum er nicht um den Taxipreis gefeilscht hat, frage ich meinen jordanischen Begleiter Khaled. „Es gibt doch Taxameter – da halten sich alle dran.“, lautet die eindeutige Antwort in fließendem Englisch. Ich bin einigermaßen baff. Wohl um mein geistiges Bild vom chaotischen orientalischen Treiben nicht gleich am ersten Tag zu zerstören, bringt mich Khaled sogleich in den Souk. Klar, hier brüllen Gemüsehändler um die Wette, hier befüllt der schnellste Falafelkoch der Stadt seine Fladenbrote, hier wurlt es an allen Ecken und Enden. Und das macht Spaß! Doch keiner der Händler rückt mir auf den Pelz, niemand bettelt mich an. Einzig ein paar nette Jungs, die gerade ihren Laden putzen, laden meinen Begleiter und mich spontan zum Kaffee ein. Doch Khaled hat uns bereits bei seinem Kumpel vom Rasheed Court Cafe auf eine Wasserpfeife angekündigt. Es scheint niemanden zu stören, dass ich auf dem Balkon des Cafes unter lauter arabischen Herren an meiner Shisha ziehe. Man ist hier tolerant – und so sitzen in den Cafes der Stadt Mädchen mit Kopftuch und traditioneller Kleidung und Frauen in westlich-modernem Outfit an einem Tisch; es stehen Moscheen neben christlichen Kirchen – und manchmal mischen sich sogar deren Glocken mit den Rufen des Muezin. Amman war und ist ein Schmelztiegel der Kulturen – davon zeugt schon das römische Theater in der arabischen Altstadt, das man vom Zitadellenhügel aus erspäht.

 

Dass neben den Griechen, Christen, Muslimen und Kreuzrittern auch die Römer deutliche Spuren auf dem Territorium des heutigen Jordanien hinterlassen haben, sehen wir beim Ausflug zu den 50 Kilometer nördlich von Amman gelegenen Ruinen von Jerash. Die römische Siedlung mit ihren Theatern, dem Hadriansbogen und der Kolonnadenstraße gehört zu den am besten erhaltenen ihrer Art. Bis zum Sonnenuntergang erkunden wir die antike Stadt. Doch so eine ausgiebige Besichtigungstour macht Hunger. Also führt mich Khaled ins Lebanese House, einem entzückenden Restaurant inmitten mediterraner Landschaft. Hier auf der Terrasse werden wir gleich schlemmen wie die Götter, denn das gemeinsame Mahl ist in Jordanien Ausdruck tief empfundener Gastfreundschaft. Und so kommen unzählige kleine Schüsselchen mit Mezzeh auf den Tisch, den typischen kalten und warmen Vorspeisen der levantinischen Küche: Die Köstlichkeiten reichen vom Petersiliensalat Tabouleh und Auberginenmousse über das Kichererbsenpüree Hummus bis hin zu gefüllten Blätterteigpasteten namens Sambusak. Ebenso wie meine Gastgeber zupfe ich mir ein Stück warmes Fladenbrot ab, nehme damit wie mit einem Löffel die Speisen auf und trinke dazu ein erfrischendes Limettengetränk mit Minze. Noch ein duftender Kardamonkaffee zum Abschluss, und schon sinke ich auf der Rückbank unseres Wagens in einen leichten Dämmerschlaf.

Geweckt von den Rufen des Muezin, bin ich am nächsten Morgen schon früh topfit: Heute geht es in die Mosaikstadt Madaba, wo in der St. Georgskirche die älteste Landkarte des heiligen Landes als Bodenmosaik zu bestaunen ist. Was für ein erhebendes Gefühl, sich inmitten biblischer Geschichte zu bewegen. Noch stärker überkommt mich diese Ergriffenheit, als wir nur wenig später am Berg Nebo stehen. Genau hier soll Moses nach dem Auszug aus Ägypten erstmals das Gelobte Land erblickt haben.

Nach diesem Ausflug in biblische Gefilde fahren wir zunächst auf der gut ausgebauten Königsstraße, die von Amman bis Aquaba führt, weiter zu den heißen Quellen von Hammamat Ma‘ In. Bereits seit der Römerzeit genießen hier die Menschen das Bad im heißen Thermalwasser, das sich aus einem 25 Meter hohen Wasserfall ergießt. Auf 264 Metern unter dem Meeresspiegel plantsche ich vergnügt Seite an Seite mit den Einheimischen, ziehe jedoch aus Rücksicht auf die arabischen Traditionen Badeanzug und T-Shirt dem Bikini vor. Freundliche Blicke zeigen mir, dass man diese Art der Zurückhaltung seitens weiblicher Touristen zu schätzen weiß. Nach einer Überachtung im eleganten Evason Ma‘ In Hotel brechen wir frühmorgens zum Höhepunkt einer jeden Jordanienreise auf: nach Petra, der Felsenstadt, die im 6. Jh. v. Chr. vom geheimnisvollen Nomadenstamm der Nabatäer in den rötlichen Fels geschlagen wurde. Wie verzaubert laufe ich einen ganzen Tag vorbei an tiefen Schluchten, Wadis und Königsgräbern. Eigentlich müsste man hier doppelt so viel Zeit zubringen, doch Khaled macht mich darauf aufmerksam, dass wir ja bis zum Abend noch den tiefsten Punkt der Erde, das Tote Meer, erreichen müssen. Denn dort, auf 400 Meter unter dem Meeresspiegel, wartet auf mich Wellness „jordan style“. Und das bedeutet: Zeitung unter den Arm klemmen, sich im extrem salzhaltigen Wasser treiben lassen, danach von Kopf bis Fuß mit Heilschlamm einreiben und eine halbe Stunde lang als Schlamm-Mohr am Strand herumlaufen, ohne sich dabei peinlich vorzukommen. Ich selbst bin der Beweis, dass sich die Prozedur lohnt, denn so samtweich war meine Haut wohl zuletzt im zarten Alter von zwei Jahren. Frisch gesäubert und entspannt lege ich mich auf die Terrasse und lasse den Blick bis hinüber nach Israel schweifen.

Leider neigt sich meine erste Orientreise nun dem Ende zu, obwohl Jordanien noch so viel mehr zu bieten hätte: die Sandwüste Wadi Rum mit ihren bizarren Felsformationen und den Sieben Säulen der Weisheit, wie sie einst von Lawrence von Arabien genannt wurden; dann Aquaba, die Stadt am Roten Meer, mit ihren Korallenriffen und den Fischgründen, oder die imposanten Wüstenschlösser, jene beeindruckenden Zeugnisse islamischer Architektur. Und nicht zuletzt die vielen kleinen Cafes in Amman, in denen ich noch gerne verweilt wäre.

Mir fehlt diesmal dazu leider die Zeit, doch das macht nichts: Denn Jordanien hat mein Herz für den Orient geöffnet und dass ich bald wiederkomme, habe ich mir am letzten Abend bei einer Wasserpfeife geschworen.

Reise-Info

 Hotels

Grand Hyatt, Amman: Modern gestyltes 5-Sterne-Haus mit diversen Restaurants und Bars

DZ ab 180 €; www.hyatt.de

 

Kempinski Ishtar Dead Sea Hotel: 2006 eröffnetes High-class-Resort am Toten Meer

DZ ab 220 €; www.kempinski-deadsea.com

 

Evason Ma‘ In Hot Spring and Six Senses Spa: Spa-Resort im Ethno-Stil direkt am warmen Wasserfall.

DZ ab 250 €; www.sixsenses.com

 Restaurants

Amman

Hashem Restaurant: der beste Hummus und die köstlichsten Falafel-Fladen der Stadt – auch der König war schon hier; Al-Amir Mohammed Street

Fakhr El-Din Restaurant: Arabisches Spitzenrestaurant; viele VIPs; 40, Taha Hussein Street; www.fakhreldin.com

 Cafés und Shops

Cafe Wild Jordan: Restaurant mit gesunder Kost, Fruchtcocktails und herrlichem Ausblick auf Altstadt und Zitadelle; angegliederter Shop mit Kunsthandwerk; Osman bin Affan Street

Al Rasheed Court Cafe: Eco-Café mit Balkon direkt beim Souk, ideal für eine gemütliche Wasserpfeife; Al-Malek Faisal Street

Zalatimo Brothers: die besten Kekse der Stadt; Jawharat Al-Quds Building, am NW-Ende des Abdali-Platzes; www.zalatimosweets.com

 Hammam

Al Pasha: türkisches Bad mit Dampfbad, Sauna und Massage (Badeanzug!!)

Mahmud Taha Street; www.pashaturkishbath.com

Jerash

Lebanese House: levantinische Küche; große Terrasse und günstige Preise; an der Ausfallstraße nach Ajloun; www.lebaneses-house.com

Petra

Sun City Restaurant: traditionelles Beduinenlokal; hier gibt es das Nationalgericht Mansaf (Lamm auf Reis mit Joghurtsoße); Hauptstraße nach Petra (300 m vor dem Haupteingang)

Weitere Infos über das Jordan Tourism Booard; www.visitjordan.com

 


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